2110 – Lektion 3 – Springbrunnen

Die letzte Woche war schon anspruchsvoll! Bewegtes Wasser zu malen ist eine echte Herausforderung. Wie haben im Gemälde – aber auch im Foto – das Problem, dass uns der Faktor „Zeit“ nicht zur Verfügung steht. Deshalb können wir einfach nur eine Illusion von Bewegung erzeugen, nicht die Bewegung selbst. Im Foto verursacht auch noch die Belichtungszeit verschiedene Bilder. Wasser bewegt sich so schnell, dass es bei einer langen Belichtungszeit eigenartige Unschärfen hat. Ich würde als Vorlage zum Malen eher kurz belichtete Bilder verwenden, also Momentaufnahmen. Das entspricht eher dem, was man in der Wirklichkeit sehen würde.

Ein paar Dinge, die mir im Laufe der letzten Woche aufgefallen sind:

  • Den Übergang zwischen dem Ufer und dem Wasser sollte man nie betonen. Das Wasser hat die gleiche Farbe wie das Ufer (wegen der Spiegelung). Der einzige Unterschied zwischen Ufer und Wasser könnte sein, dass man das Ufer senkrecht oder kreuz und quer bemalt, das Wasser aber in waagerechten Strichen.
  • den Schaum muss man negativ formen, und man sollte darin noch mehr Weiß stehen lassen, als wir es getan haben.
  • Um Schaum oder kleine Wasserfälle negativ zu formen, braucht man eine Dunkelheit unmittelbar dahinter.

In unserer neuen Lektion geht es nochmal um bewegtes Wasser, nämlich

Springbrunnen

Video 3.1 Hallo vom Augsburger Herkulesbrunnen

Beim Springbrunnen kommt das Wasser mit Druck aus der Leitung, beschreibt eine Flugkurve, trifft dann auf die Wasseroberfläche auf, taucht ein und verursacht Spritzer und in der Wasseroberfläche Kreise, die in der Schrägansicht zu Ellipsen werden.


Parabeln

Die Flugbahn, die so ein Wasserstrahl beschreibt, ist immer eine Parabel oder ein Teil einer Parabel. Diese Parabel kann je nach Wasserdruck und je nachdem, wie die Düse eingestellt ist, einmal flacher oder steiler sein, oder eben auch noch ein Teil einer Parabel. Auch die Kurven, die wir letzte Woche in der Übung „Kleines Wehr“ hatten, waren halbe Parabeln. Ich habe hier einmal ein paar mögliche Parabeln zusammengestellt. Du kannst das auch ausdrucken und ausschneiden und sogar als Schablone benutzen.

Wer mehr über diese Flugrichtung des Wassers in parabolischen Kurven wissen möchte, kann mal unter diesem Link weiterlesen: Wikipedia “Wurfparabel”


Konzentrische Ellipsen

Wenn das fliegende Wasser nun auf die Wasseroberfläche auftrifft, verursacht es kreisförmige Wellenbewegungen. Es entstehen mehrere Kreise, die alle das selbe Zentrum haben, nämlich dort, wo der Wasserstrahl auftrifft. Wenn man Kreise schräg anschaut, sehen sie aus wie Ellipsen. Je weiter die Ellipsen vom Betrachter weg sind, desto flacher werden sie. Gen Horizont werden sie sogar so flach, dass sie nur noch waagerecht sind.

Video 3.2. Ellipsen zeichnen

Egal, wie schräg die Perspektive des Ufers oder der Brunneneinfassung sein mag, diese Ellipsen behalten immer ihre waagerecht und senkrechte Achse. Sie werden niemals schräg!

Wenn nun mehrere Wasserstrahle auf die Wasseroberfläche treffen und somit mehrere Kreise entstehen, werden sich diese Kreise irgendwo unweigerlich kreuzen. Aber Achtung! Man darf die keinesfalls kariert malen!!! Bei der Überlagerung von Wellenkreisen entstehen sogenannte „Interferenzen“. Das ist ein sehr komplexes physikalisches Phänomen… zu kompliziert, um es im Aquarell wirklich korrekt darzustellen. Meine Empfehlung ist das einfach so eine „zerzupfte Spiegelung“ zu machen, wie wir sie in Lektion 1 in der „Übung Walchensee“ hatten.


Übung „Neptunbrunnen“

Dieser Brunnen steht in Augsburg vor der Fuggerei. Meist wird dieser Platz zum Parken von Reisebussen benutzt und der kleine Brunnen bleibt meist unbeachtet. Er ist nicht sehr spektakulär. Genau deswegen habe ich ihn ausgewählt. Denn man sieht hier gut die Parabel-förmige Flugkurve des Wassers und die Kreise beim Auftreffen auf die Wasseroberfläche.

Video 3.3. Vorüberlegungen zum Neptunbrunnen

Beim Zeichnen beginne ich mit den konzentrischen Ellipsen, die ich in dieser Übung auch genauso korrekt und umständlich konstruiert habe, wie ich es in dem Ellipsen-Video gezeigt habe. Ausgehend von der Mitte dieser Kreise habe ich die parabel-förmige Flugkurve des Wassers gezeichnet. Also sogar beim Zeichnen gehe ich gegen die Fließrichtung vor.

Die hintere Beckeneinfassung mache ich mit Absicht waagerecht, um es einfacher zu machen. Direkt hinter dem Becken ist im Foto die weiße Straße. Um mehr Kontrast für den Wasserstrahl zu haben, lasse ich in dieser Übung die Gebäudefarbe bis zum Brunnenrand gehen.

Video 3.4. Übung Neptunbrunnen

Als erstes male ich eine ganz dünne, bläuliche Farbe in den Wasserstrahl und in die Gischt, wirklich fast unsichtbar. Es geht nur darum, dass ich eine Erinnerungsstütze habe, dass ich später sowohl Wasserstrahl als auch Gischt aussparen muss.

Dann mixe ich eine relativ helle, frische Farbe für den Beckenrand zusammen. Diese Farbe male ich ohne Rücksicht auf die Trennung sowohl in den Beckenrand als auch ins Wasser. Beim Bemalen des Wassers spare ich einige wenige Ellipsen-Teile aus, die somit weiß bleiben. In die noch nasse Farbe male ich noch ein paar Striche in einer anderen, dunkleren Farbe … wie damals in der „Walchensee-Übung.“

Während diese Schicht trocknet, male ich oben die Gebäudefarbe und spare dabei den Wasserstrahl oben aus.

In den absolut trockenen Untergrund bemale ich nun den Beckenrand und das Wasser nochmal in einer etwas dunkleren Farbe. Nun kann ich evtl einen halben Millimeter breiten Zwischenraum zwischen Beckeneinfassung und Wasser stehen lassen. Im Wasser spare ich nun erneut ein paar Ellipsen-Teile aus.

Ganz wichtig: nur ganz, ganz wenige Teile von diesen Ellipsen aussparen!!!! Diese komplizierte Zeichnung, die da drunter lag, wird hier nur ganz wenig honoriert und man soll die zum Schluss auch gar nicht als kompliziert wahrnehmen.

Zum Schluss mache ich noch einige, wenige (!!!) dunkle Striche ins Wasser – manche in den Ellipsen, manche irgendwo,…. und dann auch noch der Spaßfaktor: ein paar Deckweißspritzer.


Bild „Neptunbrunnen“

Beim Wasser ist es leider sehr wichtig, dass die Perspektive der Dinge drum herum richtig ist, wie hier die Beckeneinfassung. Ich erkläre in dem Video die Logik, die diese Perspektive haben muss. Wenn man die Perspektive missachtet, sieht das Wasser aus, als ob es bergauf oder Bergab geht. Da Wasser aber nicht geneigt sein kann – sonst wäre es wieder eine Stromschnelle – sieht bei falscher Perspektive das Wasser nicht mehr wie Wasser aus.

Also entweder die Perspektive richtig machen, oder die Motivauswahl so gestalten, dass Perspektive keine Rolle spielt, also z.B. nur eine waagerechte Beckenkante machen und die anderen weglassen.

Video 3.5. Perspektive von Brunnenrändern

Auch ich habe hier einige Beckenkanten weggelassen. Außerdem habe ich hier ohne Vorzeichnung gemalt, nur mit ein paar Tupfen als Anhaltspunkte wo was ist. Ohne Vorzeichnung arbeite ich gerade dann gern, wenn das Motiv zu kompliziert zum Zeichnen ist.

Vorgehensweise ist genauso wie in der Übung.

Kritik an mir selber: die hintere Ellipse hätte flacher sein müssen.


Bild „Herkulesbrunnen“

Dieser Brunnen in der Augsburger Maximilianstraße ist Teil unseres Weltkulturerbes. Eine Vielzahl von Figuren spukt Wasser aus den eigenartigsten Körperöffnungen. Die hier sichtbare Figur heisst sinnigerweise „Der Gänsewürger.“

Auch dieses Bild ist mir wieder viel zu kompliziert um es zu zeichnen, deshalb auch hier keine Vorzeichnung sondern nur Punkte.

Das Bild ist eigentlich eine Kombination aus vielen Themen, die wir in den letzten Kursen hatten: „Tiere“, „Kleider machen Leute“ und öffentliche Verkehrsmittel.


Deine Aufgabe:

  1. Mache die Zeichenübung mit den konzentrischen Ellipsen. Mache diese Übung mehrmals, bis dir die Ellipsen leicht von der Hand gehen. Versuche diese Ellipsen unterschiedlich flach zu machen. Das brauchst du nicht zu posten. Aber mache diese Übung unbedingt.
  2. Mache die Übung „Neptunbrunnen“, um ein Gefühl für das Malen von Ellipsen-Teilen zu bekommen und um herauszufinden, wie wenig du von den Ellipsen darstellen musst.
  3. Suche dir ein Motiv mit einem Springbrunnen oder irgendeinem Wasserstrahl, der auf eine Wasseroberfläche trifft. Der Hintergrund soll so simpel oder so kompliziert sein, wie es deiner Lust oder deinem Können entspricht. Ich werde nur dein Wasser kommentieren, nicht das, was dahinter ist.
    Ziehe auch mal in Erwägung, ohne Vorzeichnung zu arbeiten.

Dann bin ich mal neugierig, was ihr so an Motiven findet!